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GESCHICHTE

PFARREI GRAINET

Die Gründung der Pfarrei Grainet ist ein gutes Beispiel dafür, wie aus einer Notlage heraus etwas Neues entstehen kann. Blicken wir zurück in die Zeit um 1745. Die Bevölkerung von Grainet und Umgebung hatte bereits stark zugenommen. Die Leute der westlich und nördlich gelegenen Dörfer gehörten zur Pfarrei Freyung. Die Bewohner der südlich gelegenen Orte wie Fürholz gingen nach Waldkirchen zum Gottesdienst. Der Wunsch, öfter als vier- oder fünfmal im Jahr in der kleinen Nikolauskirche eine Messe mitfeiern zu können, wurde immer lauter. Der Pfarrer von Freyung zeigte aber wenig Entgegenkommen.

So wandten sich die Graineter und Fürholzer an den Kardinal Fürstbischof Josef Dominicus Lamberg in Passau (1723-1761). „Die Errichtung einer neuen Pfarrei war äußerstes Bedürfnis geworden“, schrieb der spätere Kooperator Josef Fisch von Grainet (1851). Da die Nikolauskirche von Größe und Bauzustand her unpassend war, dachte man bald an den Bau einer Pfarrkirche. Der Bischof verschloss sich diesem Wunsch nicht, stellte aber aus seiner Schatulle keine Geldmittel in Aussicht.

Da gab es für die Bittsteller eine einmalige Chance. Weil man nach Passau schon immer gute Beziehungen hatte, fanden die Graineter und Fürholzer bei Lukas Kern, Wirt und Schiffsmeister in Passau, ein offenes Ohr. Neben einer Waisenhausgründung und vielen anderen wohltätigen Zuwendungen wollte er auch den armen Waldbewohnern helfen. So erreichte er, dass der Geistliche Franz Xaver Schmid nach Grainet geschickt (1746-1758) und damit die Loslösung der Filiale Grainet von Freyung eingeleitet wurde.

Durch den Ordinariatserlass vom 2. Dezember 1748 wurde Schmid der Titel „Vicar“ zuerkannt. Noch im selben Jahr begann man mit dem Bau der Pfarrkirche, nachdem Lukas Kern dafür 10000 Gulden gestiftet hatte. Als echter Kaufmann – er war durch verschiedene Unternehmungen reich geworden – wollte Kern sicher gehen, dass sein Geld auch den Zweck erreichte. Er forderte daher wiederholt vom Bischof den Stiftungsbrief für die Pfarrei. Leider erlebte Kern die Erhebung Grainets zur Pfarrei nicht mehr. Er starb am 12. September 1749.

Gut zwei Monate später verfassten hiesige Bauern eine Beschreibung der Ortschaften, die ihrer Meinung nach für die neue Pfarrei geeignet waren. Am 4. Juni 1750 wurde Vicar Schmid zum Pfarrer erklärt. Damit war Grainet mit 183 Häusern und 1400 „Seelen“ de facto neue Pfarrei. Fisch berichtet: „Sie (die Pfarrei Grainet) wurde aus Abtrümmerungen der Pfarreien Waldkirchen und Freyung gebildet, wozu später noch einige erst nach der Errichtung der Pfarrei entstandene Ansiedlungen an der böhmischen Grenze kamen, nämlich die Ortschaften: Marchhäuser, Haid. Auersbergsreut, Schnellnzipf, Ludwigsreut, Theresienreut, Haidmühle“.

Die Bevölkerung hat am Bau der Pfarrkirche mit Hand-und Spanndiensten kräftig mitgeholfen. Obwohl man ursprünglich mit einer Bauzeit von drei Jahren gerechnet hatte, war die Kirche erst 1756 fertig. Ein Jahr später weihte Dekan Loraghi aus Waldkirchen die Kirche der allerheiligsten Dreifaltigkeit. Die Gläubigen sahen sich am Ziel ihrer Wünsche. Endlich hatten sie vor Ort ihre Gottesdienste und mussten nach einer harten Arbeitswoche nicht mehr zwei Wegstunden weit zum Kirchenbesuch gehen. Auch wussten sie sich bei Taufen, Hochzeiten und Tod durch ihren Geistlichen gut versorgt.

Aber immer, wenn etwas Neues, Vorteilhaftes eingerichtet wird, gibt es meist auch irgendwo Belastungen. Das neue Pfarrgebiet war riesig. Es reichte nordöstlich bis an die böhmische Grenze. So waren Kuschwarda und Böhmisch-Röhren, beide zum Bistum Budweis gehörig, Nachbarpfarreien. Pfarrer Schmid musste oft in Begleitung des Pfarrschullehrers Heinrich Fürst beschwerliche Versehgänge machen oder nach Leopoldsreut hinaufsteigen, um dort die Messe zu halten. Das war bei den schlecht ausgebauten und im Winter kaum geräumten Wegen eine arge Strapaze. Eine Hilfe waren später die Graineter Kooperatoren, die die „Waldpfarrei“, gemeint sind die grenznahen Orte, „pastorisierten“.

Da aus der Kernschen Stiftung auch der Pfarrhof und das erste Schulhaus gebaut wurden, waren Kirche und Schule von Anfang an eine Einheit. Erst mit Gründung der Pfarrschule begann in Grainet ein halbwegs geordneter Schulbetrieb.

Wie sich Grainet seinerzeit aus Freyung und Waldkirchen herauslöste, so wurden entlang der böhmischen Grenze auch neue Pfarreien aus Grainet abgetrennt.

Trotzdem ist die jetzige Pfarrei Grainet noch immer groß genug. Rückblickend auf die vergangenen 250 Jahre (1750 - 2000) kann man sagen, dass Grainet ohne Unterbrechung immer Pfarrer oder Pfarrverweser hatte. Viele von ihnen haben als Persönlichkeiten neben der Erfüllung ihrer geistlichen Pflichten auch im sozialen, kulturellen und wirtschaflichen Leben kräftige Anstöße gegeben. Auch fanden sich immer wieder Laien, die zu dieser ihrer Pfarrei standen.


(Text: Ruppert Hannig; aus der Festschrift 250 Jahre Pfarrei Grainet) 

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